Aus dem Inhalt / from the book:
Kurzzusammenfassung
Inhaltsverzeichnis
Schlussbemerkung
Kurzzusammenfassung:
Die womöglich eindrucksvollste Form eines Denkmals
für eine Einzelperson war in der Neuzeit das
Reiterstandbild. Als Schlüsselepoche für die
Entwicklung dieses Monumenttyps, ja für die
Memorialkultur im allgemeinen hat die italienische
Frührenaissance zu gelten. Zwar hatte schon vor dem
15. Jahrhundert der Verstorbene am Grabmal seine
Darstellung nicht nur als Liegefigur oder Beter, sondern
gelegentlich auch als Reiter gefunden. Doch um 1440/50
begannen die Reiter, sich von den Grabmälern
abzulösen und als freistehende Standbilder auf den
Plätzen zu stehen.
Ziel dieser Arbeit ist es, das Quattrocento als Epoche
des Umbruchs in der Denkmal- und Monumentsetzung zu
erforschen und die Genese des neuzeitlichen
öffentlichen Reitermonuments zu durchleuchten. Eingangs
wird auf Grundlage der historischen und kunsthistorischen
Memoria-Forschungen der letzten Jahrzehnte gezeigt, welche
Frucht der Begriff der Memoria für das Verstehen der
Reiterbilder tragen kann. Dem folgt die eingehende Analyse
der verschiedenen, zwischen 1400 und 1490 entstandenen Grab-
und Denkmäler mit Darstellungen von Reitern. Diese
Betrachtungen ermöglichen es, künstlerische
Einflußnahmen und Entwicklungen näher zu
ergründen sowie die übergreifenden Aspekte und
Charakteristika der Reiterbilder des Quattrocento neu zu
bewerten, um abschließend das Vermächtnis dieser
Monumente für die folgenden Jahrhunderte
herauszustellen.
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Inhaltsverzeichnis:
I. VORBEMERKUNG
II. EINLEITUNG
1. Monument und Memoria
-
1.1. Grabmäler und liturgische Memoria – die Sorge für
die Toten
-
a) Positionen der Forschung
b) Der eschatologische Befund
c) Liturgische Konsequenzen
1.2. Grabmäler und profane Memoria – der Appell an die
Lebenden
2. Bildnisformen der hochmittelalterlichen Monumentalkunst
-
2.1. Frankreich und Deutschland
2.2. Italien
2.3. Das Reiterbild in der höfischen Kultur Europas
3. Mittelalterliche Reiterbilder in Italien
-
3.1. Der Reiter als Emblem
3.2. Monumentalisierung des Reiterbildes unter den Signoren
Oberitaliens
3.3. Monumente der Condottieri in der Toskana
III. DIE GRABMÄLER IN SÜDITALIEN
1. Das Grabmal des Königs Ladislaus von Anjou-Durazzo in
Neapel
- 1.1. Entstehungsgeschichte
1.2. Deutung
2. Das Grabmal des Ludovico Camponeschi in L'Aquila
-
2.1. Bestimmung des Monuments
2.2. Künstlerische Einordnung
IV. DIE GRABMÄLER IN OBERITALIEN
1. Das Monument des Cortesia da Serego in Verona
-
1.1. Die Familie und ihre Stiftungen
1.2. Künstler und Datierung
1.3. Bildprogramm
-
a) Skulptur
b) Malereien
-
1.4. Intention und Interessenten
2. Das Monument des Spinetta Malaspina aus Verona
-
2.1. Person und Stiftungen
2.2. Das Monument aus S. Giovanni in Sacco
-
a) Erhaltung und Veränderungen
b) Stilistische Einordnung und Attribution
2.3. Intention und Interessenten
3. Das Grabmal des Francesco Spinola
-
3.1. Die Person
3.2. Das Monument
-
a) Rekonstruktion
b) Die Künstler
3.3. Intention und Interessenten
4. Das Grabmal des Paolo Savelli in Venedig
-
4.1. Die Person
4.2. Stilistische Einordnung und Datierung
-
a) Sarkophag
b) Reiterstatue
4.3. Intention und Interessenten
5. Das Grabmal Sanguinacci in Padua
V. DIE FRESKEN IN FLORENZ
1. Das Grabmal des John Hawkwood
-
1.1. Chronologie
1.2. Künstlerische Genese des Reiterbildes von 1436
1.3. Hintergründe und Interpretationen
2. Das Grabmal des Niccolò da Tolentino
-
2.1. Chronologie
2.2. Hintergründe
2.3. Form und Gestalt
VI. DIE DENKMÄLER IN FERRARA, PADUA UND NEAPEL
1. Das Denkmal des Niccolò III. d'Este
-
1.1. Chronologie
1.2. Der Entstehungsprozeß
1.3. Rekonstruktion
1.4. Stilistische Einordnung
1.5. Der Sockel
1.6. Intention und Interessenten
1.7. Das Reitermonument im Kontext anderer Monumente der
Este
2. Das Reitermonument des Gattamelata in Padua
-
2.1. Chronologie
2.2. Auftraggeber und Interessenten
2.3. Die Memoria des Gattamelata
2.4. Form und Gestalt
3. Ein Reiterdenkmal für König Alfonso in Neapel?
-
3.1. Der Triumphbogen am Castelnuovo
3.2. Die Rotterdamer Zeichnung
3.3. Eine Reiterstatue für Alfonso?
3.4. Die Reiterreliefs an den Stadttoren Neapels
VII. DIE GRABMÄLER IN DER 2. HÄLFTE DES 15. JAHRHUNDERTS
1. Das Grabmal des Annibale Bentivoglio in Bologna
-
1.1. Die Person und die Memoria der Familie
1.2. Das Relief
1.3. Intention und Interessenten
2. Reiterbilder in Rom und im Latium
-
2.1. Das Grabmal des Antonio Rido
-
a) Stilistische Einordnung
2.2. Das Grabmal des Roberto Malatesta
-
a )Aufstellung und Rekonstruktion
b) Errichtung und Intention
-
2.3 Das Grabmal des Giordano Orsini
-
a) Stilistische Einordnung
b) Intention und Resümee
VIII. REITERBILDNISSE FÜR LEBENDE ZEITGENOSSEN
1. Niccolò Piccinino
2. Giovanni Vitelleschi
3. Francesco Sforza in Brescia
IX. MEDAILLEN UND KLEINBRONZEN
1. Die Medaillen Pisanellos
-
1.1. Filippo Maria Visconti
1.2. Johannes VIII. Palaeologos
1.3. Sigismondo Pandolfo Malatesta
1.4. Gianfrancesco Gonzaga
1.5. Ludovico Gonzaga
1.6. Domenico Novello Malatesta
1.7. Alfonso von Aragon
1.8. Resümee
2. Die Kleinbronzen Filaretes
-
2.1. Die Statuette des Marc Aurel
2.2. Die Hektor-Statuette
X. VOTIVBILDER
XI. ZUSAMMENSCHAU
1. Personen
2. Interessenten und Anlässe
3. Typologien und die Entwicklung der Monumente
-
a) Grabmäler
b) Denkmäler
4. Rezeption der Antike
-
a) Aus der Literatur
b) Bestehende Statuen
5. Die Einheit und die Gestalt von Reiter und Pferd
XII. SCHLUSSBEMERKUNG
BIBLIOGRAPHIE
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SCHLUSSBEMERKUNG (Auszug)
Indem das Reiterbild im Laufe des 15. Jahrhunderts
sich auf den imposanten und überwältigenden
Eindruck konzentrierte, den ein Reiter auf seinem Pferd
macht, und andere parallele Darstellungen und Nebenszenen
abstreifte, kam es zu einer Monumentform, die in zahlreichen
mittelalterlichen Bildnissen angelegt war, die es seit dem
Altertum aber in dieser Größe und als
freistehendes Standbild nicht mehr gegeben hatte. Die Antike
war daher ein unumgängliches Muster, an das die
Künstler zunächst anzuknüpfen hatten. Doch da
die Gegenwart an ihre Monumente eigene Anforderungen von
äußerer Gestalt, Charakter und Zweck stellte,
konnten die antiken Vorbilder nicht identisch ins
Quattrocento übertragen werden, und so suchten die
Bildhauer und Maler, sie auf verschiedene Weise zu
modifizieren und gleichzeitig zu übertreffen. Ohnehin
darf das Reiterbild angesichts seiner Größe und
Komplexität als ambitionierter gegenüber den
meisten andere Bildnisformen der Frührenaissance
erachtet werden und verlangt zumindest als Freidenkmal eine
größere Berücksichtigung verschiedener, oben
genannter Faktoren als andere Werke der Skulptur. Zur
individuellen Ausprägung der Monumente ergab sich,
daß die Identitäten der Reiter und ihre konkreten
Taten nahezu austauschbar sind, nachdem das allgemeine
kriegerische Verdienst oder der herrschaftliche Stand durch
die Form des Bildnisses längst geklärt sind.
Wenn man am Ende nicht der Frage ausweichen will, ob mit
den großen Reiterbildnissen der italienischen
Frührenaissance der entscheidende Schritt zum profanen
Denkmal gesetzt wurde, nähert man sich den in dieser
Arbeit untersuchten Kunstwerken mit der modernen
Terminologie der deutschen Sprache. Die Renaissance hatte
keinen eigenen Begriff für ein Denkmal, wie die
variierenden und unscharfen Bezeichnungen statua, sepultura
oder cavallo allein für den Gattamelata zeigen.
Vielleicht mag dies ja ein Indiz dafür sein, daß
im Quattrocento tatsächlich eine neue Art von Monument
entstanden ist, die noch schwer in Worte zu kleiden war.
Entscheidend gewandelt hat sich das Monument im
15. Jahrhundert, indem es jeden Gedanken an
Begräbnis und Grabort, in der Kirche oder auf dem
Friedhof, aufgibt. Das nunmehr veränderte Monument darf
als profan nicht im Gegensatz zu heilig (oder dem unscharfen
neulateinischen Kunstwort sakral) verstanden werden, sondern
nur im ursprünglichen Wortsinne als Ortsangabe, als
»vor dem heiligen Bezirk«. Grundintention aller
oben aufgezählter Monumente seit den frühesten
Anfängen im Relief des Oldrado da Tresseno oder dem
Sarkophag des Guglielmo Berardo bleibt die irdische, den
Dargestellten rühmende Memoria, die landläufig als
»profan« verstanden wird. Damit entfällt das
an ein Denkmal wie den Gattamelata angelegte Kriterium der
»Entsakralisierung«, da dies keine Kategorie war,
in der das 14. und 15. Jahrhundert ihre Monumente
zu erfassen suchten, wie die einleitenden Kapitel dieser
Arbeit zeigen. Als weiteres Kennzeichen für ein Denkmal
im modernen Sinne ist die Tatsache bedeutsam, daß eine
realgeschichtliche Person oder ein historisches Ereignis im
Zentrum der Memoria steht, was für den Marc Aurel und
den Regisole in ihrer nachantiken Identität nicht
zutreffen kann. Zuletzt ist ein bestimmtes
Größenmaß, eine wahre Monumentalität
für ein Denkmal erforderlich, die zweifelsohne in der
Form des Reiterbildes eine kongeniale Steigerung
erfährt. Rückblickend über zahllose
Denkmäler der Neuzeit können so die
Reitermonumente des venezianischen Söldnerführers
und des Ferrareser Markgrafen mit einigem Recht als die
ersten profanen Denkmäler der nachantiken Zeit
bezeichnet werden.
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